Den Start seines ersten London-Abenteuers hatte sich Aaron Rodgers sicherlich anders vorgestellt. Denn obwohl der Star-Quarterback mit seinem Team mehr Biss und stärkere offensive Zugkraft nach dem jüngst desaströsen 9:10 gegen die Denver Broncos angekündigt hatte, passierte genau das Gegenteil. Beim Duell mit den überraschenden und bei 4-0 stehenden Minnesota Vikings nämlich verbuchten die New Yorkers lediglich 19 Yards im ersten Viertel - Neunzehn!
Doch damit nicht genug: Routinier Rodgers, der sich die Tage zur angeblichen Beziehungskrise zwischen ihm und seinem Head Coach Robert Saleh klar positioniert hatte, leistete sich in diesem Quarter direkt zwei Interceptions. Darunter ein Pick-Six für Vikes-Linebacker Andrew Van Ginkel, der das Ei über stolze 63 Yards bis in die Endzone trug. Weil die im Tottenham Hotspur Stadium als Gastgeber geführte Mannschaft aus Minneapolis außerdem zu Beginn des zweiten Durchlaufs das Laufspiel ankurbelte und via C. J. Ham einen Touchdown einstrich, stand es bis wenige Sekunden vor dem Pausentee schon 17:0 für die Wikinger.
Kurzum: Die mit starkem Personal ausgestatteten und sehr ambitionierten Jets waren bis dato nicht präsent. Gar nicht.
Lazard fängt und lässt den Glauben einkehren
Rodgers aber ist mit seinen 40 Jahren wahrlich nicht fürs Aufgeben bekannt. Das zeigte der "Gunslinger" dem internationalen Publikum im ersten London-Spiel dieser Saison noch vor Ende dieses zweiten Quarters. Innerhalb von 46 Sekunden orchestrierte der Spielmacher einen Drive über fünf Plays und 31 Yards - am Ende dieser Kette fand er seinen bereits aus gemeinsamen Packers-Zeiten bekannten Receiver Allen Lazard. 14-Yard-Touchdown und der wichtige 7:17-Anschluss.
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Zu diesem Zeitpunkt hatte "A-Rod" auch erstmals seinen Status als Vikings-Schreck untermauert. Denn während seiner vielen Jahren in Green Bay (2005 bis 2022) hatte er gegen Minnesota stolze 57 Touchdown-Pässe bei nur acht Interceptions erreicht - Bestwert gegen einen Gegner unter allen Quarterbacks.
Der dritte Pick begräbt die Hoffnung
Nach Wiederbeginn - die Jets "verzichteten" quasi das gesamte Spiel auf ein eigenes Laufspiel (insgesamt nur 36 Yards) - funktionierte zwar weiterhin nicht alles. Es sickerte aber immer mehr der Gedanke durch, dass die "Gang Green" hier an einem Comeback schraubte und vor allem mit der Defense immer besser den Angriff um den wenig auffälligen Spielmacher Sam Darnold (14 von 31 Pässen für 179 Yards angebracht, kein Touchdown) in den Griff bekam. Das war vor allem auch an vier Sacks und einer ganz wichtigen Interception halb im Fallen von Cornerback Brandin Echols festzumachen.
Überhaupt erlaubte die Abwehr der Jets im gesamten zweiten Abschnitt nur noch zwei Field Goals von Kicker Will Reichard. Weil zudem Rodgers zwischendurch seine Kollegen bis in die Red Zone vorschob, sich Zeit erkaufte und Top-Receiver Garrett Wilson mit einem kurzen Zuspiel über ein Yard fand, hatte New York plötzlich selbst 17 Punkte auf der Habenseite. Beim Stand von 17:23, als diese Partie längst in der Crunchtime war und der Jets-Comeback-Sieg zum Greifen nah war, passierte der GAU. Rodgers, der seine Farben nochmals final in aussichtsreiche Lage gebracht hatte, warf einen Pass rechts raus - und in die Arme vom erfahrenen Cornerback Stephon Gilmore.

Fing den letzten Pass von Aaron Rodgers sicher ab und entschied das Spiel damit: Vikings' Stephon Gilmore. Getty Images
Lange New Yorker Gesichter (nun 2-3) waren die Folge, allen voran das von Rodgers - und der Fakt, dass die Vikings abermals gewannen und auf 5-0 stellten. Eine famose Bilanz, die schon im Power Ranking von kicker-Experte Adrian Franke seinen Einzug gefunden hatte.
Rodgers in elitärem Kreis
So dürfte es am Ende nur ein schwacher Trost gewesen sein, dass Rodgers (29/54 für 244 Yards und zwei Touchdowns bei drei Picks) an diesem Tag die Marke von 60.000 Passing Yards in seiner Karriere überbrückt hatte. Das hatten vor ihm nur acht Spielmacher geschafft.