Chaos! Das beschreibt 2024 treffend die Swiss.Runde bei den League of Legends-Weltmeisterschaften (Worlds). Schon wieder. Bereits vergangenes Jahr hatten wir gezeigt, dass Veranstalter Riot besonders durch die zwischenzeitlichen Auslosungen Feuer in die späteren Runden bringen würde.
Denn bei Worlds scheinen die Rollen immer klar verteilt: China und Korea kommen durch die Gruppenphase, GAM und Amerika gehen unter, Europa liegt irgendwo dazwischen. Die Rechnung ist aber ohne Riot gemacht. Nach Abschluss der Swiss-Runde diskutiert die Community nicht etwa über 'Faker's historischen hundertsten Worlds-Sieg oder die tollen Spiele, sondern wie unfair für G2 und die amerikanischen Teams gelost wurde und ob ein Bug über den Ausgang einer Partie entschied.
Und damit zu den Topnachrichten aus dem zweiten Teil der Swiss-Runde: G2 - selbsternannter Titelfavorit - ist raus, FlyQuest hat seine Heldengeschichte geschrieben und sich mit viel Losglück nach Paris ins Viertelfinale gewurschtelt.

Die Ergebnisse der Swiss-Runde im Überblick. Liquipedia
G2s Hoffnungen zerschmettert
Frei nach dem Motto "Jährlich grüßt das WM-Aus" scheiterte G2 am Wochenende grandios gegen T1 und Bilibili Gaming (BLG). "Mit so einem Publikum gewinnen wir die Worlds", hatte Midlaner Rasmus 'Caps' Winther beim LEC-Finale gesagt - nun muss er erneut Niederlagen in Serie hinnehmen - Genau so lief es 2023.
Im Best-of-3 gegen BLG wiederholte der europäische Champion gleich zu Beginn einen Fehler aus der Niederlage gegen das 'Faker's T1 aus Korea: G2 forcierte die Kombination aus Orianna und Nocturne - Das funktionierte nicht, und das Team brach unter dem Druck von allen Seiten zusammen.
Ein Lichtblick war der deutsche Spieler Sergen 'Brokenblade' Celik, der sich bei uns nach dem LEC-Finale wünschte, auch mal etwas anderes als die klassischen Tank-Toplanes zu spielen.

Sergen 'Brokenblade' Celik ist mit G2 ausgeschieden. Adela Sznajder/Riot Games
Mit Yasuo bekam er den dann auch und lieferte in Runde zwei ab - G2 zog nach Spielen gleich. Die Caster stilisierten die entscheidende Partie dann wie gewohnt zur über die gesamte Saison bestimmenden Begegnung hoch: Ein Sieg um im Turnier zu bleiben, eine Niederlage um "die Koffer zu packen". Als hätte G2 vorher kein halbes Dutzend anderer Chancen gehabt.
BLG ist das bessere Team. Das zeigte der chinesische Champion im dritten Spiel. Ein frühzeitiger Goldvorsprung ließ G2 chancenlos. Auch eine Unterbrechung wegen eines vermeintlichen Bugs von Botlaner 'Hans Sama' brachte nichts: Riot entschied nach langer Pause: Kein Bug. Die Caster blieben skeptisch - Riot pfiff wieder an und BLG zwei Minuten später ab: In den Trümmern der europäischen Hoffnungen.
Korea weiter an der Spitze
Vorher musste sich G2 schon dem Weltmeister T1 geschlagen geben. Die Koreaner um 'Faker' starteten holprig ins Turnier, gegen die Europäer fanden sie zu alter Stärke zurück. Es war ein deutliches 0:2 für 'Brokenblade' und seine Mannschaft.
Damit zurück zum Chaos bei Riot. kicker eSport besuchte Worlds dieses Jahr in Berlin und hätte gerne mit dem Deutschen nach der Niederlage gesprochen. Oder 17 anderen angefragten Spielern und Castern. Die Entscheidung über Interviews liegen jedoch in Teamhand und G2 musste aus über 80 Anfragen wählen und entschied sich nach der krachenden Niederlage für die französischen L'equipe: "Es nervt, weil wir solche Teams schlagen wollen, und ich dachte wirklich, dass heute der Tag sein könnte. Ich habe wirklich daran geglaubt. Aber das reicht nicht, wir müssen besser werden", sagte Celik dort. Traurig sei er erst, wenn das Turnier für ihn vorbei sei. "Wenn du gegen ein gutes Team spielst, bestrafen sie deine Fehler öfter" - Genau die wurden G2 letztlich zum Verhängnis.
Das Aus hätte das Team sonst allerdings im Viertelfinale ereilt - Trotz gutem Auftakt: Das Niveau reicht noch nicht. Im Viertelfinale steht nun T1 mit dem Sieg über die Europäer und kann so nach wie vor den Weltmeister-Titel verteidigen.
Unsere Entscheidungen im Mid-Game waren schlecht.
Weltmeister und Midlaner 'Zeka'
Spannend bleibt es auch für Hanwha Life - Ebenfalls Titelfavorit und Koreas Champion. Das entscheidende Spiel um die K.-o.-Runde gewannen sie gegen die Amerikaner von FlyQuest mit 2:1, jedoch blieb die Leistung alles andere als überzeugend.
Midlaner 'Zeka' konnte im zweiten Spiel auf Yasuo nicht glänzen: „Unsere Entscheidungen im Mid-Game waren schlecht", bestätigte er schonungslos in kicker eSports einzigem Interview und lobte die Amerikaner als das bessere Team im zweiten Durchgang. Sehenswert war auch ein ganz seltener Nunu im Jungle für FLY, der mit zum Sieg beitrug: "Ich persönlich hasse Nunu und hatte richtig Panik als er eingeloggt wurde. Er hat ein paar Tricks, die besonders für mich als Midlaner gefährlich sind", so 'Zeka'.

'Zeka' bekam seinen Champion zum Sieg. Adela Sznajder/Riot Games
Spiel drei hielt dann einen "Comfort Pick" für den Weltmeister von 2022 bereit: Sylas. Der sei "stark und flexibel" und hätte "keine Limits". Ein ungefährdeter Sieg war die Folge und der Einzug ins Viertelfinale. Wenn Hanwha Life "sicher geht, dass Fehler von heute nicht wiederholt werden, performen wir auch in den großen Matches gut", glaubt 'Zeka'. Freitag dann im Viertelfinale um 14 Uhr gegen G2-Bzwinger BLG.
Amerikas Heldengeschichte
Die amerikanische "Zero to Hero"-Story geht derweil weiter. Team FlyQuest überstand die Swiss-Runde mit einigem Losglück. Sie bekamen es mit als eher schwach geltenden Regionen zu tun.

Darf weiter kaspern: FLYs Toplaner 'Bwipo' hat immer maßgeblich Anteil am Sieg. Colin Young-Wolff/Riot Games
Mit den Auslosungen bringt Riot zwar Abwechslung und Feuer, patzte 2024 aber mehrfach in der Durchführung. Im ersten Teil der Schweizer Runde blieben zwei Loskugeln leer, nun öffnete sich eine vor der Zeit - Es musste von vorn begonnen werden.
Die Ansetzungen sind im Nachgang nun das Thema der Community: G2 musste gegen T1 (Weltmeister), Weibo (Vizeweltmeister) BLG (Chinas Champion) und Hanwha (Koreas Champion) ran. FLY hingegen verlor seine zwei Herausforderungen gegen DK und Hanwha und hatte ansonsten nur GAM (Vietnam), paiN (Brasilien), PSG (Hongkong) und die Landsleute von Team Liquid vor der Brust.
Gegen die siegte sich FlyQuest dann ins Viertelfinale als einziges westliches Team. Unfair für beide Mannschaften, jedoch durchaus plausibel in einer Swiss-Runde. Die ist nämlich nur bei gleichstarken Teams wirklich fair.
Klar ist: Das Schweizer-System sorgt für Überraschungen. So war es auch 2024, als das amerikanische Team NRG die Nase vorne hatte und G2 ebenfalls ausschied. Dass Team FlyQuest die K.-o.-Runde übersteht, ist unwahrscheinlich, der nächste Gegner ist Gen.G.

Hadert mit sich und der Auslosung: G2 ist ausgeschieden. Colin Young-Wolff/Riot Games
Chinesisches Top-Duell im Auftakt
Das Viertelfinale startet am Donnerstag um 14 Uhr. Zunächst trifft LNG Esport auf Vizeweltmeister Weibo Gaming. Hanwha Life spielt am Freitag gegen Bilibili Gaming. Am Samstag folgt Top Esports gegen T1. In diesem Duell hatte 'Faker's Team im Auftakt der Swiss-Runde bereits den Kürzeren gezogen und muss nun über sich hinauswachsen.
Den Abschluss bildet Gen.G gegen Team FlyQuest am Sonntag. Die Weltmeisterschaften verlassen damit das kleine LEC-Studio in Berlin und ziehen nach Paris. Der Ausgang der meisten Spiele ist offen, sie versprechen also einiges an Spannung.