Der sogenannte eSport-Winter hinterließ seine Spuren. Organisationen, wie Sprout, oder auch das beliebte Community-Projekt Summoner's Inn mussten ihre Pforten schließen. Unter dem Strich hätten sich die Geschäftsmodelle als nicht nachhaltig erwiesen, hieß es in den jeweiligen Mitteilungen.
Worte, die sich so ähnlich auch bei Freaks 4U Gaming lesen lassen. Die Berliner Marketingagentur für eSport und Gaming war nicht weniger von den Herausforderungen der Zeit betroffen, hat aber durch eine Übernahme und eine starke Kostenminderung noch die Kurve gekriegt. Generell ein Aufbruch zu neuen Ufern? "Ich würde nicht sagen, dass wir komplett durch sind, aber man sieht erste Zeichen einer Erholung", sagte CEO Michael Haenisch gegenüber kicker eSport.
Auf Hochzeiten folgte der tiefe Fall
Um die Auslöser des sogenannten eSport-Winters zu verstehen, muss man etwas weiter zurück blicken. Die Branche hat in den letzten zehn Jahren ein ungebremstes Wachstum erlebt. Besonders während der Covid-Pandemie waren Gaming und eSport gefragt. Um ein Beispiel zu nennen: So ruhte der Ball in der Bundesliga, doch auf dem virtuellen Platz wurde die Bundesliga Home Challenge ausgetragen.
Klar ist auch, mit dem stetigen Wachstum entwickelt sich auch eine gewisse Fallhöhe. "Dem eSport ging es damals ja hervorragend. Gefühlt jede Marke wollte irgendwie sponsern, es wurde sehr stark konsumiert. Es war einfach das Thema, was gelebt wurde" - und mit einmal "hat es uns dann richtig erwischt". Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Inflation. Plötzlich brachen Investoren-, Sponsoren- und Werbegelder weg, worauf "niemand wirklich vorbereitetet war“.
Umso wichtiger sei es eben, den eSport neu zu denken und ein nachhaltiges Modell zu entwerfen. Im Wesentlichen heißt das: Diversifikation. "Es geht darum, als Team, Turnier- oder Eventbetreiber die Abhängigkeit von Sponsorings über andere Revenue Streams zu reduzieren. Gleichzeitig sollten wir uns überlegen, wie wir auch die Attraktivität des eSport weiter steigern", erklärte Haenisch.
Das bedeute auch, mal einen Schritt zurück und zwei nach vorne zu machen: "Ich finde bestimmte Konzepte interessant, in denen man zum Beispiel zunächst kein Geld von Medienpartnern für Übertragungsrechte bekommt. Wir haben vor mehreren Jahren mit TV-Sendern wie ProSieben eine Vereinbarung geschlossen, dass sie für einen Betrag die League of Legends Prime League übertragen dürfen. Da wäre ein möglicher Ansatz, darauf zunächst zu verzichten, die Inhalte frei zugänglich zu machen und durch Distribution eine hohe Reichweite und Interesse zu generieren - um dann einen Schritt später erst zu sagen: 'Dafür möchte ich Geld’".
Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien nicht pauschal verneinen
Apropos Geld. Immer mehr kauft sich Saudi-Arabien in den eSport ein. Erst jüngst erhielten sie den Zuschlag für die Olympischen eSport Spiele - und das für die nächsten 12 Jahre. Außerdem lief erst jüngst der erste Esports World Cup mit einem Rekordpreisgeld. Dadurch ein Segen für das Ökosystem? Oder Fluch aufgrund der Abhängigkeit? "Gerade durch den eSport-Winter wurden viele Angebote eingeschränkt. Turniere finden teilweise nicht mehr in der Form statt oder Teams existieren nicht mehr, weil sie keine Unterstützung durch Sponsoren sichern konnten. Diese Unsicherheit gepaart mit weniger Geld im Markt sucht selbstverständlich nach einem Ventil. Saudi-Arabien eröffnet hier neue Chancen und das führt zu einem neuen Ökosystem, das natürlich sehr mächtig sein kann." Dennoch "glaube ich schon, dass die Verantwortlichen es sehr ernst meinen mit dem eSport".
Der Wüstenstaat werde "zu einem ernstzunehmenden Player im Markt. Die Zukunft wird zeigen, welchen Einfluss er auf das globale Ökosystem im eSport haben wird". Klar ist für Haenisch aber auch: "Einfach boykottieren und weggucken kann man daher nicht. Man muss sich überlegen, wie man zusammenarbeitet, welche Überschneidungen es gibt und welche rote Linien man sich setzt." Ein gleiches Schicksal wie beim eSport-Winter erwarte der Freaks-CEO allerdings nicht, sofern man sich breit aufstellt. Denn es "werde nicht reichen, den Fokus auf den EWC im Sommer zu setzen und danach nichts mehr zu machen. Das reicht nicht aus, wir müssen weiterhin ein diverses eSport-Ökosystem haben."