In der Vergangenheit war eine Weltmeisterschaft eine relativ einfache Gleichung: Solange nicht Europäer unter- oder gegeneinander Nordamerikaner spielten, gab es eine Klatsche. Zum Glück gilt das in der Neuzeit der RLCS nicht mehr. Alle Teams der sieben RLCS-Regionen haben Spektakel geliefert und waren dabei auch sehr kompetitiv unterwegs. Vier Regionen waren unter den Top Sechs vertreten, lieferten sich epische und lange Schlachten vor den Zuschauern. Spielerisch war es die stärkste WM jemals.
Die Zuschauer beflügeln
Für jeden Sport sind die Zuschauer das Herzstück eines jeden Events. Daher gab es bei dieser Ausgabe der WM ein Novum: Jedes Team durfte vor den Zuschauern spielen. Vorher genossen dieses Privileg nur für die besten Acht oder Elf der 16 anwesenden Teams. Die Energie des Publikums konnten einige dabei für sich nutzen.
Ozeanien hatte erstmals beide ihrer Repräsentanten, PWR und Pioneers, in der letzten Runde der Swiss-Stage, auch wenn es für den letzten Sieg, und damit der ersten Play-offs-Teilnahme an einer WM seit 2018, nicht reichte. Beide Teams zeigten sich stark und holten jeweils upset-Siege gegen das nominelle zweitbeste Team aus Nordamerika, Gen.G.

Ungeahnte Freude: Die Pioneers nach ihrem upset gegen Gen.G. Michal Konkol
Subsahara-Afrika machte ebenfalls weitere Fortschritte vor den Augen der Fans. Auch wenn es für einen Sieg in einer Serie nicht reichte, konnte man sich immerhin eine Partie gegen die starken Pioneers holen. Erstmals beendete ein Team aus der Region ein RLCS-Offline-Event nicht auf dem letzten Platz. Eine gute Entwicklung für eine Region, die erst seit drei Jahren Teil der RLCS ist, und erst seit diesem Jahr auf Majors antreten darf. Dass die Region immer noch einiges aufzuholen hat, ist unumstritten, aber Verbesserungen sind definitiv zu sehen.
Eine märchenhafte Auferstehung
Und dann gab es noch eine Cinderella-Story: Oxygen Esports. Eigentlich waren die Europäer gar nicht für die WM qualifiziert. Doch weil das zweite Team aus Saudi-Arabien, Twisted Minds, Visa-Probleme bekam wurde Oxygen als EU-Nummer fünf eingeladen. Bereits beim Winter Major 2022 gab es Visa-Probleme bei einem Team aus Saudi-Arabien, damit liegt die Quote bei 40% bei Turnieren auf amerikanischem Boden.
Die Einladung nahm Oxygen an, mit suboptimaler Vorbereitung. Die Spieler erfuhren erst anderthalb Wochen vor Start der WM, dass sie antreten würden, mussten Urlaube stornieren und hatten im Sinne der off-Season das Spiel länger nicht mehr angerührt. ‘Joyo‘ und '‘Archie' kamen mit fünf bzw. vier Stunden Spielzeit in den vorherigen zwei Wochen ins Bootcamp, '‘Oski' hatte immerhin 20 Stunden past two.

Ein starkes Ergebnis trotz schlechter Vorbereitung: ‘Archie‘, ‘Oski‘ und ‘Joyo‘ (v.l.n.r.). Rachel Mathews
Dem Rost entledigte sich Oxygen im Bootcamp, sodass sie auf der WM in Bestform antraten: In der Swiss-Stage haben sie den amtierenden Weltmeister Vitality nach Hause geschickt, in den Play-offs den Major Sieger aus Kopenhagen, Gentle Mates. In der Top-Sechs Begegnung gegen die Falcons aus Saudi-Arabien war dann zwar Endstation, trotzdem ist dieses Ergebnis erstaunlich für ein Team, dass sich ein paar Wochen zuvor noch auf den Urlaub freute. Zudem spricht es auch Bände für die Tiefe und Spielstärke der Region Europa.