Fehler über Fehler - was bei den Worlds normalerweise für die Teams über Sieg oder Niederlage entscheidet, weitet sich auf Veranstalter Riot aus. Die Weltmeisterschaften in League of Legends sind in vollem Gange. Es ist Halbzeit in der Swiss-Runde und wir schauen auf die ersten Matches und fassen für euch zusammen.
Viele Fehler schon on Air
Riot musste kürzlich viele Mitarbeiter entlassen, was sich auch bei den Worlds 2024 zeigt - Sparzwang inklusive. Die Swiss-Runde findet in Berlin statt, in einem Studio, das 210 Zuschauer fassen soll. Kleiner geht’s nur noch ohne Publikum. Auch die von uns 2023 viel gelobten Caster werden erst später eingeflogen.

Wohnzimmer-Atmo statt Worldstage? Etwa 170 Zuschauer beobachten das Geschehen. Colin Young-Wolff/Riot Games
Auch On Air reiht Riot Fehler aneinander: Zu Beginn klangen die Moderatoren noch wie aus der Dose, dann ging eine Auslosung wegen vergessener Zettel komplett daneben - Sprachlosigkeit auf der Bühne. Nach einigen Entschuldigungen dann eine wiederholte Ziehung. Unsere Akkreditierung hing bis Samstag in der Schwebe - man muss nicht lange suchen, um die Überlastung der verbliebenen Rioter zu erkennen. Es ist also dieses Jahr noch nicht das Niveau, das der Entwickler 2023 aufgeboten hat. Zumindest die Spiele nehmen allerdings gewohnt Fahrt auf.
Asien an der Spitze
Unangefochten auf Platz 1 steht Gen.G mit drei Siegen. Lediglich gegen Hanwha Life (HLE) zeigten sich kurzzeitig Probleme - für ADC 'Peyz' und seinen Supporter jedoch letztlich kein Hindernis. Mit einer beeindruckenden Leistung stürmt Gen.G ins Viertelfinale. Nicht zuletzt, weil sie auf jeden Rückschlag eine passende Antwort hatten und mit gnadenloser Geschwindigkeit die Spiele dominierten.
Dicht auf den Fersen folgt LNG Esports, das zweite Team mit drei Siegen. Die Chinesen überrollten Dplus Kia (DK) auf ganzer Linie. Weniger erfolgreich lief es für Bilibili Gaming (BLG). Riots Tabellenzweiter startete mit großen Hoffnungen in die Worlds, scheiterte jedoch nach einem guten Auftakt gegen die Mad Lions an LNG und 'Faker's T1. Jetzt bangt das Team darum, überhaupt das Viertelfinale zu erreichen.
Weltmeister und Vize schwanken
Der neue World Song "Heavy is the Crown" von Linkin Park bringt es auf den Punkt: Früherer Ruhm kann zur Last werden - besonders, wenn es einem Team nicht gelingt, daran anzuknüpfen. Das Spüren auch Weltmeister 'Faker' und sein Team: Sie schneiden bislang eher durchwachsen ab. Nach einer knappen Niederlage gegen TOP Esports (TES) konnte T1 erst gegen PaiN Gaming und BLG wieder Fahrt aufnehmen.

Leistet sich ungewohnte Fehler: Weltmeister 'Faker' - Kann er seinen Titel verteidigen? Colin Young-Wolff/Riot Games
Das Hauptproblem bleibt: Fehlentscheidungen und übermütige Kämpfe. Im Vergleich zu dem, was der amtierende Weltmeister bei den letzten Worlds zeigte, wirken sie nun unkoordiniert. Auch Vize Weibo Gaming tut sich mit der neuen Konkurrenz schwer. Der strahlende Stern aus dem letzten Jahr ist ausgebrannt. Eine weitere Niederlage kommende Woche und sie sind raus.
G2: Sie standen schon in der gegnerischen Basis
Das europäische Team G2 startete mit einem deutlichen 1:0 gegen PaiN Gaming, musste jedoch im nächsten Match gegen HLE eine bittere Niederlage einstecken. Nach dem klassisch schlechten "G2-Early-Game" schafften sie die 180-Grad-Wende. Sie sicherten sich mit Rasmus 'Caps' Winther auf Yone und Sergen 'Brokenblade' Celik auf Poppy mehrere Barons. G2 hatte praktisch schon gewonnen, als ein unglücklicher Teamkampf alle Hoffnungen auf das 2:0 zunichtemachte. 'Caps' kam zu spät und plötzlich lag die europäische Basis in Trümmern.
Im darauffolgenden Spiel gegen Weibo Gaming, nur einen Tag später, zeigte sich der LEC-Champion dann gnadenlos. Nun dominierte G2 die frühe Spielphase und ging unnötigen Kämpfen konsequent aus dem Weg. Im späteren Verlauf sicherten sich das Team den Sieg nicht zuletzt mit einen überragenden Galio vom deutschen Top-Laner 'Brokenblade'.

Die Fans Stärken G2 im Spiel gegen Weibo Gaming den Rücken. Adela Sznajder/Riot Games
Die Begegnungen zeigen besonders eines: G2 hat das Potenzial, gegen die Übermacht aus Asien zu bestehen, solange die Spieler einen kühlen Kopf bewahren. Nächste Woche steht nun das Duell gegen den amtierenden Weltmeister T1 an. 'Caps' zeigte sich optimistisch: “Es wird Spaß machen gegen T1 zu spielen. Wir müssen bei Worlds eh gegen jedes Team gewinnen können, um Weltmeister zu werden." Die Chancen stehen 2024 dafür gar nicht mal schlecht.
Für den Rest von Europa sieht es hingegen düster aus. Die Mad Lions rutschten mit zwei Niederlagen gegen BLG und PSG schon in die Eliminations-Runde. Dort wurden sie von GAM Esports aus Vietnam regelrecht demontiert und müssen mit dem zweifelhaften Titel "schlechtestes Team bei Worlds" schon die Koffer packen. In Spiel 1 des Best-of-three lief es noch gut, in den darauffolgenden beiden Spielen funktionierte nichts mehr.
Für Fnatic bleibt noch die Hoffnung auf ein Wunder: Das Team steht nach Niederlagen gegen DK und TES mit dem Rücken zur Wand: Gegen Weibo am Samstag muss ein Sieg her, um überhaupt im Turnier zu bleiben.
Amerikas einzige Hoffnung: Fly Quest
Team Liquid wendete die Heimreise am Montag mit Ach und Krach ab und warf stattdessen die Brasilianer von PaiN Gaming aus dem Turnier. Es ist das andere amerikanische Team, das sich anschickt, eine Heldengeschichte zu schreiben:
Fly Quest, seinem Namen alle Ehre machend, flog mit Losglück durch die ersten Runden. Sie gewannen gegen die als schwach eingestuften GAM und PSG. Ob sie das Zeug für "Zero to Hero" haben, müssen sie nun im Spiel gegen Titelfavorit Hanwha Life zeigen.
Die zweite Phase der Swiss-Runde startet am Donnerstag um 14 Uhr. Besonders spannend wird es dann am Freitag zur selben Zeit: G2 muss sich gegen T1 beweisen. Die Europäer wollen das letzte Jahr wieder gut machen: Nach der Pause in der Schweizer Runde verloren sie beim selben Stand von 2:1 nur noch.