Über Jahre hinweg war Novak Djokovic der Mann, den es im Herren-Tennis zu schlagen gilt. In Paris war das nicht mehr so, denn es gab inzwischen die Wachablösung. Das belegt allein die Tatsache, dass der Djoker bis zu den Olympischen Spielen noch kein Turnier gewonnen hatte - noch nie war er so schlecht in eine Saison gestartet.
Ganz anders sein Rivale Carlos Alcaraz. Der 21-jährige Spanier hatte sowohl die French Open als auch Wimbledon gewonnen und gilt als designierter Nachfolger der Big 3. Das war dann auch sehr deutlich beim extrem einseitigen Wimbledon-Finale, als "Carlitos" den 16 Jahre älteren "Djoker" nach Strich und Faden auseinandernahm.
So leicht gab sich der alte Mann aber nicht geschlagen - und setzte vor 15.000 Zuschauern auf dem altehrwürdigen Court Philippe Chatrier vor 15.000 Zuschauern nun noch einmal ein dickes Ausrufezeichen. In einem Match der Extraklasse, in dem beide Spieler außergewöhnliches Tennis zeigten, setzte sich der Serbe im Generationen-Spektakel in fast drei Stunden (!) mit 7:6, 7:6 durch und erfüllte sich den großen Traum vom olympischen Gold - und das auch noch ohne Satzverlust, das war vor ihm keinem Mann gelungen. Es war der einzige Titel, der dem erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte in seiner Sammlung noch gefehlt hat. "Schatzi, well done", schrieb dann auch Boris Becker an seinen früheren Schützling auf X.
Djokovic verriet gegenüber der ARD, dass er versucht hatte, "dieses Match gegen den absoluten Favoriten Alcaraz, der Roland Garros und Wimbledon gewonnen hat, mit etwas mehr Selbstvertrauen und weniger Stress angehen. Die Erwartungen waren einfach nicht ganz so hoch. Ich habe versucht, durchzuziehen und mein bestes Tennis zu spielen und in den wichtigen Momenten habe ich das geschafft. Das waren vielleicht die zwei längsten Sätze, die ich je gespielt habe. Ein unglaublicher Moment für mich und mein Land."
Extrem emotionaler Moment

Emotional: Novak Djokovic feiert in seiner Box seinen Olympiasieg. IMAGO/PanoramiC
Wie sehr ihn das berührte, wurde deutlich, als nach dem Sieg aus ihm die Emotionen rausbrachen. Tränen der Freude kullerten über sein Gesicht, als er die serbische Fahne umarmte und den Moment seines Triumphs in vollen Zügen auskostete. "Das ist wahrscheinlich der größte sportliche Erfolg meines Lebens", sagte ein überglücklicher Nole: "Ich bin stolz und überglücklich. Ich habe sehr viel gewonnen, aber der Davis-Cup-Sieg (2010, Anm. die Red.) und natürlich olympisches Gold mit 37 Jahren ist beispiellos."
Fünf Anläufe hat der 24-malige Grand-Slam-Champions gebraucht, um sich endlich das so heiß ersehnte olympische Gold zu krallen. Damit schaffte er auch den Karriere-Golden-Slam, also jedes Major und einmal die Olympischen Spiele mindestens einmal gewinnen - dieses Kunststück haben vor ihm lediglich Rafael Nadal, Serena Williams, Andre Agassi und Steffi Graf geschafft. Das Puzzle ist damit vollendet, gab auch Djokovic zu. "So ist es. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich Gold für mein Land geholt habe, dass ich den Golden Slam komplettiert habe."
Nadal gratuliert, Alcaraz lobt

Zwei Tennis-Generationen: Carlos Alcaraz und Novak Djokovic (re.) umarmen sich nach dem tollen Olympia-Finale. IMAGO/UPI Photo
Nadal gratulierte seinem ewigen Rivalen dann auch und schrieb via Instagram: "Gratuliere Novak zum Golden Slam und dazu, dass du das erreicht hast, was du wolltest. Gut gemacht." Lob gab es auch vom Silbermedaillengewinner. "Novak hat fantastisch gespielt, er hat das verdient", lobte der unterlegene Alcaraz den ältesten Olympia-Sieger der Geschichte (37 Jahre und 74 Tage).
Seit der Wiedereinführung des Tennissports als olympische Disziplin 1988 ist er sogar der erste Spieler über 30, der Gold gewinnt. Der Spanier, der auch mit Tränen zu kämpfen hatte, gab auch zu, dass es ihm schwerfällt, die Niederlage zu verkraften, aber "er hat in den Tie-Breaks ein Niveau gespielt, das ich nicht erreichen konnte. Es tut weh, so zu verlieren, aber ich gehe erhobenen Hauptes."
Und jetzt Karriereende? Djokovic weicht aus
Und jetzt? Djokovic hat nahezu alles erreicht, was man erreichen kann. 24 Grand-Slam-Titel, 7 gewonnene ATP-Finals, 40 Turniersiege bei Masters - und nun auch das olympische Gold. Wenn es um sogenannte große Titel geht, dann kann ihm bislang niemand das Wasser reichen. 72 davon hat er an der Zahl, seine ärgsten Verfolger sind Rafael Nadal (59) und Roger Federer (54). Angesprochen auf ein etwaiges Karriereende gab er sich in der ARD ausweichend.
Erst danach denke ich darüber nach, was als Nächstes kommt - wenn noch was überhaupt.
Novak Djokovic auf die Frage nach einem etwaigen Karriereende
"Manche meiner Familien- und Teammitglieder haben schon so Andeutungen gemacht: War's das jetzt oder machst du weiter? ", verriet der 37-Jährige und ließ anschließend aufhorchen, als er sagte: "Ich weiß es nicht. Jetzt will ich erstmal feiern, ich will den Moment genießen. Ich habe so viel investiert, um hierherzukommen und die Goldmedaille zu gewinnen." Es sei sehr herausfordernd, "mit 37 Jahren gegen die jungen Spieler zu kämpfen, die wie Alcaraz unglaublich athletisch sind", folglich betonte er, dass er jetzt nur "einfach feiern" möchte: "Erst danach denke ich darüber nach, was als Nächstes kommt - wenn überhaupt."
Eine Motivation gebe es für den Routinier aber noch, denn ein großer Rekord fehlt ihm noch - der für die meisten Titel auf der Tour, da liegt der Djoker mit 99 Titeln aktuell auf Platz drei der ewigen Bestenliste. Vor ihm sind Roger Federer (103) und Jimmy Connors (109).