Der Weg ist weit, aber er lohnt sich. Am Freitag fahre ich mit den Öffis etwa eineinhalb Stunden zur Regattastrecke nach Vaires-sur-Marne. Nachdem es bei Judoka Miriam Butkereit nicht geklappt hat, darf ich erstmals einen deutschen Olympiasieg live mitverfolgen. Jakob Schopf und Max Lemke fahren im Zweier-Kajak einen Start-Ziel-Sieg ein.
Zuvor jubeln Paulina Paszek und Jule Hake nach langem Bibbern über eine mit Ungarn geteilte Bronzemedaille. Das ist auch auf der Tribüne, auf der viele Tausend frenetische Zuschauer eine besondere Atmosphäre erzeugen, bewegend. Die leichte Brise ist nebenbei eine schöne Abwechslung zum teilweise drückenden Klima in der Metropole.
Kritischer Austausch mit Bundeskanzler Scholz
Auch Kanzler Olaf Scholz sieht diese Medaillengewinne vor Ort. Mit dem Gold der Kajak-Vierer-Männer, dem Silber der Kajak-Vierer-Frauen und Silber wie Bronze im Kanu-Slalom ist der Verband nach der Reiterlichen Vereinigung der erfolgreichste im Team D. Mutig und richtig finde ich, dass Kanute Tom Liebscher-Lucz vor dem Kanzler nicht in Ehrerbietung erstarrt, sondern den kritischen Austausch mit Scholz sucht, wie er mir danach erzählt.
Liebscher-Lucz holte wie Max Rendschmidt dreimal in Serie im K4 Olympia-Gold. Die beiden freuen sich über den Kanzlerbesuch, wissen aber, dass Politiker sich gerne bei erfolgreichen Sportarten zeigen, auch für den Wahlkampf. Sie klagen darüber, dass abseits von Olympia kaum einer etwas wissen wolle von Randsportarten wie ihrer. Liebscher-Lucz habe Scholz gesagt, dass es einer Verbesserung der Förderstrukturen und einer politisch ernsthaft unterstützten Olympia-Bewerbung bedürfe, um wieder mehr deutsche Sporterfolge einzufahren.
Von 20.000 Euro Gold-Prämie bleiben etwa 5000 übrig
Die vielen Versäumnisse in der Sportförderung sind natürlich nicht nur Scholz anzulasten, sondern liegen teils länger zurück. Ein aktuelles Beispiel ist frappierend: Für einen Doppel-Olympiasieg, wie ihn Rendschmidt 2016 erpaddelte, gibt es nur einmal die Gold-Prämie von 20.000 Euro. Die wird nicht vom DOSB, sondern von der teils privat finanzierten Stiftung Deutsche Sporthilfe ausgezahlt.
Es ist gut, dass es die Sporthilfe gibt, sonst sähe es noch düsterer aus. Wenn aber nach Abzug von Steuern und durch den Wegfall einer über 18 Monate vor Olympia gezahlten Elite-Plus-Förderung laut Rendschmidt nur etwa 5000 Euro bleiben, ist das sehr bitter. Bei diesem Thema muss sich etwas ändern. Paris 2024 ist dafür hoffentlich ein Anstoß.
Die Spiele haben unterm Strich begeistert - auch mich. Obwohl ich als leidenschaftlicher Basketballer damit hadere, dass das Nationalteam im Bronze-Spiel am Vormittag endgültig eine Medaille verpasst hat, und ich mich auch noch auf die Schlussfeier am Sonntagabend freue, erlebe ich schon am Samstag einen schönen Abschluss. Wie zu Beginn der Spiele sitze ich wieder im Eiffelturm-Stadion. Unten im Sand kriegen die zuvor so begeisternd aufspielenden Nils Ehlers und Clemens Wickler im Beachvolleyball-Finale gegen herausragende Schweden leider kein Bein auf den Boden. Dennoch genieße ich erneut die traumhafte Kulisse und Aussicht. Im Abendhimmel sagt auch der Eiffelturm mit seiner verzaubernden Lichtershow Adieu. Merci, Paris, für unvergessliche zwei Wochen!