Handball

Kommentar: Gislason zeigt es den Kritikern - auch beim DHB

Kommentar zum Olympia-Auftritt der deutschen Handballer

Gislason zeigt es seinen Kritikern - auch beim DHB

Er ging seinen Weg unbeirrt weiter: Alfred Gislason.

Er ging seinen Weg unbeirrt weiter: Alfred Gislason. imago images

Alfred Gislason hat Deutschland beinahe in den Handball-Olymp geführt. Gut, dass der Isländer überhaupt noch die Chance dazu bekam. Seine Vertragsverlängerung bis 2027 war schließlich keine Selbstverständlichkeit - sondern vom DHB-Präsidium explizit an die Qualifikation für die Olympischen Spiele geknüpft gewesen. Sonst wäre er seit März arbeitslos. Zum Vergleich: Frauen-Bundestrainer Markus Gaugisch, der eine merkliche Weiterentwicklung seiner Nationalmannschaft in der sicherlich kürzeren Amtszeit noch schuldig ist, hatte die gleiche Laufzeit ohne Bedingung zugestanden bekommen.

Obwohl Gislason mit der DHB-Auswahl das erklärte Ziel Halbfinale bei der Heim-Europameisterschaft erreicht hatte, hatte sich der Verband dieses Hintertürchen vertraglich zugesichert. Und Gislason, mit dem Selbstverständnis seiner bemerkenswerten Trainer-Karriere, ließ sich darauf ein.

Am Ende war das knappe Spiel gegen Österreich das Zünglein an der Waage - und ermöglichte erst dieses Husarenstück bei den Olympischen Spielen. An dem Gislason maßgeblichen Anteil hat.

Das Schweden-Spiel war nur der Anfang

Den nach der EM von vielen Seiten eingeforderten Mut bei der Personalauswahl bewies er. Die Personalie von "Küken" Marko Grgic steht dafür beispielhaft. Dieser zahlte das Vertrauen in der Gruppenphase mit Leistung zurück, wenn gleich das Frankreich-Spiel offenbarte, dass zum absoluten Top-Niveau noch ein Stück fehlt. Sei einem 20-Jährigen mit einer einzigen Bundesliga-Spielzeit in den Knochen zugestanden.

Gislason aber bewies, dass er ohne große personelle Verstärkungen - Wunschkandidat  Hendrik Pekeler hatte schon zur EM abgesagt - die DHB-Auswahl weiterentwickeln kann. Das zeigte sich schon im Spiel gegen "Angstgegner" Schweden, der im Vorfeld des Turniers bei einem mal wieder verlorenen Direktvergleich noch leistungstechnisch enteilt schien, zum Auftakt. In Abwehr und Angriff war das eine "andere" Mannschaft. Die in der Gruppenphase in vielen Spielen wehrhaften Japaner machte Deutschland schnell wehrlos.

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Selbst auf die dritte Pflichtspielniederlage in Folge gegen Kroatien, die in der Mitte der Gruppenphase gerade in puncto Angriffsspiel einen Rückfall befürchten ließ, fand Gislason mit seiner Mannschaft bemerkenswerte Antworten.

Da war das Spiel gegen Spanien, bei dem U-21-Weltmeister David Späth die Chance bekam, über sich hinauszuwachsen. Das epische Spiel gegen Frankreich, das U-21-Weltmeister Renars Uscins im Alleingang gewann und dabei sogar einen olympischen Rekord aufstellte.

Ein Spiel wie das Halbfinale gegen Spanien hätte das DHB-Team vom Gefühl her im Januar noch verloren. Gislason aber hat aus einer Ansammlung talentierter Individualisten, die bei der EM immer enger zusammengerückt waren, endgültig eine Mannschaft geformt. Ein Team, das zudem Perspektive besitzt - auf den großen Traum vom WM-Titel im eigenen Land im Januar 2027.

Das desolate Finale gegen die Dänen, das schwächste Turnierspiel zum ungünstigsten Zeitpunkt, war letztlich nur die Kirsche auf der Sahnetorte, die den DHB-Verantwortlichen auch ohne Verzierung geschmeckt haben dürfte.

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