Die Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat bei den Sommerspielen in Paris eine gemischte Bilanz gezogen. "Wir sind mit einem anderen Ziel in diese Spiele gestartet. Das Ziel Top Ten im Nationen-Spiegel werden wir erreichen. Es besteht die Möglichkeit, dass wir einen Platz besser dastehen könnten als in Tokio", hatte Chef de Mission Olaf Tabor bei der vorläufigen Abschlusspressekonferenz im Deutschen Haus gesagt.
33 Medaillen und Platz zehn
Am Sonntag dann stand fest, dass das deutsche Team die Olympischen Spiele in Paris auf Rang 10 im Medaillenspiegel beendet und damit zwar das Minimalziel erreicht, sich im Vergleich zu Tokio (Platz 9) aber erneut verschlechtert hat. Die Ausbeute: zwölf Goldmedaillen, 13 Silbermedaillen sowie acht Bronzemedaillen. Hinzu kommen zwölf vierte Plätze, 24 fünfte Plätze und insgesamt 117 Top-8-Platzierungen in Paris.
Olympia 2024
Die 37 Medaillen von den Spielen 2021 in Japan wurden nicht mehr erreicht. "Wir werden wieder etwas weniger Gesamtmedaillen gewinnen als in Tokio. Insofern setzt sich unsere Negativserie fort. Das müssen wir an der Stelle auch durchaus konstatieren", hatte Tabor gesagt. Der Funktionär verwies aber auch darauf, mehr Goldmedaillen gewonnen zu haben als vor drei Jahren, da waren es zehn Olympiasiege.
Bei den Sommerspielen 2008, 2012 und 2016 hatte das deutsche Team noch jeweils zu den besten sechs Nationen gezählt. Rang zehn im Medaillenspiegel ist das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung.
Medaillenlose Fechter, Sportschützen, Ringer und Segler
Die erfolgreichsten Sportarten waren Reiten (fünf Medaillen, davon viermal Gold) und Kanu (sechs Medaillen, davon zweimal Gold). Auch in den olympischen Kernsportarten Leichtathletik und Schwimmen schnitt das deutsche Team besser ab als zuletzt. Enttäuschend war unter anderem die Bilanz der Fechter, Ringer, Segler und Sportschützen, die ohne Medaille blieben. Auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) blieb mit zweimal Edelmetall deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Gleichzeitig betonte DOSB-Präsident Thomas Weikert: "Es geht nicht immer nur um Medaillen, wir hatten einige sehr knappe vierte Plätze dabei, unsere Mannschaftssportarten haben begeistert und unsere Sportlerinnen und Sportler auch abseits der Wettkämpfe für viel Freude bei den Menschen gesorgt."
Der Anspruch ist Platz 5 im Nationenranking
"Wir hatten viele vierte und fünfte Plätze. Das schmerzt, da haben wir die eine oder andere Medaille liegen gelassen", bilanzierte Tabor. Mittelfristig soll es wieder deutlich nach oben gehen, das ist der Anspruch. "Platz 5" im Nationenranking lautet Tabors Zielsetzung für Sommerspiele. Dazu brauche es aber einerseits Geduld und andererseits Tempo bei der Gründung einer Sportagentur.
Nationen mit deutlich weniger Einwohnern als Deutschland - wie die Niederlande, Norwegen oder Australien - beeindruckten in Paris nicht zum ersten Mal. Besonders der kleine Nachbar Niederlande habe "beim Finden von Talenten und beim Fördern bis in die Weltspitze sehr viel richtig gemacht", sagte Tabor: "Dort werden Medaillenpotenziale identifiziert und konsequent verfolgt. Das muss uns zu denken geben."
Wir schreiben Excel-Tabellen, die anderen trainieren. Und das kann nicht sein.
Jörg Bügner, Sportvorstand des DLV
Schließlich ist Deutschland eine wirtschaftlich starke Sportnation, die Strukturen aber sind verkrustet. "Wir schreiben Excel-Tabellen, die anderen trainieren. Und das kann nicht sein", ereiferte sich Jörg Bügner, Sportvorstand des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, am Freitag.
Die Reformierung der Spitzensportförderung steht tatsächlich schon lange oben auf der Agenda: weniger Bürokratie, mehr Freiheit bei der Mittelvergabe durch eine unabhängige Sportagentur. Einigkeit ist vorhanden, passiert ist wenig.
Die Spiele in Paris sollen auch Schwung bringen für die eigenen Pläne
Das Momentum scheint aber nun da zu sein, denn die Spiele von Paris haben Eindruck hinterlassen. Der Bund erhöht die Förderung um 49 Millionen Euro auf 331 Millionen, die Regierung unterstützt die Pläne einer deutschen Olympiabewerbung bis 2027 mit knapp sieben Millionen Euro. Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser reisten gleich zweimal während der Sommerspiele nach Paris, auch Außenministerin Annalena Baerbock ließ sich von der Atmosphäre und dem Austausch mit den Sportlern begeistern.
Die Spiele im Nachbarland sollen auch Schwung bringen für die eigenen Bewerbungspläne. Nach dem Motto: Das können und wollen wir auch. Tabor hofft noch auf einen weiteren Nebeneffekt: "Eine Olympia-Veranstaltung im Land scheint Rückenwind zu geben. Das würde uns auch helfen, die notwendigen Schritte schneller zu bestreiten als ohne Bewerbung."