Die letzten Jahre waren wahrlich keine leichten in der Laufbahn des Rafael Nadal. Der Spanier wollte zwar, aber der Körper konnte nicht mehr. Viel Arbeit in Krafträumen und auf dem Platz folgten Comebacks - und immer wieder kam die nächste Verletzung. Die Karriere hat Tribut gezollt, der Spanier seinen Körper nie geschont. Im Alter von 38 Jahren hat sich der Mann aus Manacor nun dazu entschieden, seine aktive Laufbahn zu beenden.
Was er hinterlässt, ist nur schwer in Worte beziehungsweise einen solchen Text zu gießen. Es soll trotzdem der Versuch sein, diesen beispiellosen Athleten zu beschreiben. Neben Roger Federer gehörte Nadal mit Abstand zu den beliebtesten Tennisspielern der vergangenen Jahrzehnte. Der Spanier wurde überall beliebt, verhielt sich immer fair. Witze über seine Ticks? Oder gar Imitationen? Nadal ließ das kalt. Der Linkshänder ließ sowieso immer die Leistung auf den Court sprechen. Auch einen Schläger sah man bei ihm nie fliegen.
Mentalitätsmonster auf dem Platz
Was Nadal aus dem Platz zeigte, war beispiellos. Auf dem Feld war der Spanier ein Krieger, ein wahrer Kämpfer und absoluter Champion. Dabei ist der so entschlossen wirkende Sandplatzspezialist eigentlich ein ganz zartes Pflänzchen. "Tief im Inneren ist er ein sensibler Mensch voller Ängste und Unsicherheiten. Er mag zum Beispiel die Dunkelheit nicht, schläft lieber bei Licht und laufendem Fernseher. Gewitter mag er auch nicht", sagt seine Mutter Ana Maria Parera in Nadals Autobiografie "Rafa - Mein Weg an die Spitze". Für Schwester Maribel ist ihr Bruder "ein bisschen ein Angsthase".
Tief im Inneren ist er ein sensibler Mensch voller Ängste und Unsicherheiten.
Nadals Mama über Rafael
Von Angst bekamen die Zuschauer und Gegner auf dem Platz nichts zu sehen. Nadal war ein Mentalitätsmonster, glaubte immer an sich. Gegen den Spanier musste man bis zum letzten Punkt alles geben, wenn man ihn schlagen wollte. "Du musst dich mit einem Schutzschild umgeben, dich in einen Kämpfer verwandeln. Es ist eine Art Selbsthypnose, ein todernstes Spiel. Solange ich spiele, erlaube ich mir nie auch nur ein Lächeln", schreibt Nadal in seinem eigenen Buch.
Das ein oder andere Lächeln wird dem 38-Jährigen bei einem Blick auf seine Karriere aber sicherlich über das Gesicht huschen. Nadal ist einer der besten Spieler, die dieser Sport je gesehen hat, wurde ein Aushängeschild und weit über den Tennisplatz hinaus eine feste Größe in der Sportwelt. Mit 22 Grand-Slam-Siegen hat nur Novak Djokovic mehr Majorturniere gewonnen. Der Serbe konnte seinem Kontrahenten aber in Sachen Beliebtheit nicht ansatzweise das Wasser reichen.
14 Siege bei den French Open

Rafael Nadal bei seinem ersten Auftritt bei den French Open.
Apropos das Wasser reichen. Das konnte Nadal auf Sand niemand. Der Spanier gewann allein 14 Mal die French Open, nie hat ein anderer Spieler ein anderes Grand-Slam-Turnier ansatzweise so oft gewonnen. Der 38-Jährige stand in Paris, wo er in seiner gesamten Karriere nur vier Spiele verlor, 14 mal im Endspiel - und gewann jedes Mal. Ob es jemals wieder einen Spieler geben wird, der auf Sand derartig dominiert? Man darf es zumindest bezweifeln. Der Name Sandplatzkönig wird auf ewig mit dem Namen Rafael Nadal verknüpft sein.
Aber nicht nur auf Sand feierte der Spanier große Erfolge, er gewann jedes andere Grand-Slam-Turnier mindestens zweimal. Einen seiner größten Siege feierte er 2008 in Wimbledon, das verrät Nadal in seinem Buch. Es war immer ein Traum des Spaniers, auf dem heiligen Rasen zu siegen. In einem der besten Spiele der Tennisgeschichte setzte er sich im Finale gegen seinen Rivalen und heutigen guten Freund Roger Federer durch und holte sich seinen ersten von zwei Wimbledon-Titeln. Zwei Erfolge bei den Australian Open sowie vier bei den US Open machen ihn zu einem kompletten Spieler.
"Seit Rafa ein Kind war, wusste ich, dass er ein großartiger Spieler wird", sagte Onkel Toni, der seinen Neffen viele Jahre betreute und zu dem Tennisspieler machte, der er war. Ein großartiger Spieler, der speziell ist. Ein Spieler, der viele Ticks hat und so mit Sicherheit den ein oder anderen Tennisfan nervte. Keine Linien betreten, die Haare vor jedem Aufschlag hinter das Ohr wischen oder der ständige Griff an die Hose - all diese Marotten gehören zu Nadal wie seine krachende Vorhand.

Gute Freunde geworden: Rafael Nadal (li.) und Roger Federer. IMAGO/USA TODAY Network
Nadal blieb sich immer treu
Aber ob Nadal-Fan oder eben nicht, eines mussten alle anerkennen: Einen Spieler wie Nadal hatte der Sport noch nie gesehen und einen Spieler wie Nadal wird dieser Sport auch nicht mehr sehen. Was bleibt, ist eine Ära, die Nadal zusammen mit seinen Rivalen Federer und Djokovic prägte. Was bleibt sind viele epische Matches, viele unglaubliche Punkte, viele offene Münder in den Tennisarenen der Welt.
Was bleibt ist ebenso ein Mensch, der sich nie selbst verloren hat. Der bescheidene Jungspund in Dreiviertelhose, der 2005 in Paris seinen ersten Grand-Slam-Titel holte und seitdem nicht mehr aus der Weltspitze wegzudenken war, blieb sich treu. Der Erfolg veränderte Nadal nicht, der Familienvater verlor nie die Bodenhaftung und behandelte alle mit Respekt.
Das wird der glühende Real-Madrid-Fan, der bei einem Spiel in der Halle Real-Ikone Iker Casillas mal sechs Tore einschenkte, sicherlich auch nach seiner Karriere tun, in welcher Funktion auch immer. Aber nun ist er erst einmal Ehemann, Papa und wird seine wohlverdiente Freizeit genießen.
Somit bleibt zum Schluss nur noch eines zu sagen: Gracias, Rafa! Respeto, leyenda!